Medizin zum Selbermachen Rundbrief
Oktober 2021
Kollektive Psyche –
Rollator voraus
Inzwischen ist die Programmierung unserer Gedanken sehr weit fortgeschritten und das betrifft vor allem auch den Bereich Gesundheit.
Während in manchen Teilen der Welt viele über 90jährige Menschen wie selbstverständlich am Leben teilnehmen und ihre Arbeitskraft beim Anbau oder anderen Tätigkeiten täglich einbringen, beschäftigen sich hierzulande schon Mittvierziger mit dem Bau eines barrierefreien Hauses und der Wohnortnähe zu Krankenhäusern und Arztpraxen. Und natürlich mit den besten Krankenversicherungstarifen.
Wir sind also kollektiv inzwischen „auf Rollator eingestellt“ und reden uns diese Situation quasi wiederkehrend als unumgänglich selbst herbei.
Diese Schalter im Kopf spielen eine große Rolle in Bezug auf Gesundheit und Beweglichkeit. Unter den vielen selbst erlebten Beispielen von dementsprechender Geisteshaltung und Geisteskraft bei Patienten, aber auch im Freundes- und Bekanntenkreis, nur eines zur Anschauung:
Die Großeltern, schlecht zu Fuß, werden von einem inzwischen erwachsenen Enkelsohn besucht. Er schlägt vor, die Oma solle sich, mit seiner Hilfe, auf den verstaubten Hometrainer setzen und ein paar Minuten leicht treten. Oma lässt sich nach mehrfacher hartnäckiger Aufforderung des Enkels endlich darauf ein. Nach dem Absteigen sagt sie spontan: „Ah, die Beine fühlen sich viel leichter an“. Kurz darauf: „Naja, dafür habe ich eigentlich keine Zeit und in unserem Alter muss man sich eben damit abfinden, dass das Laufen immer schlechter geht.“
Wer jetzt auf diese Oma zeigt, darf sich selbst betrachten. Wie sehr haben wir alle ähnliche Denkmuster in uns? Wie sehr beeinflussen die Stimmen anderer über unseren Verstand? Welche anderen? Zum Beispiel die Plakatwerbung der Krankenversicherung oder die Floskeln vom Immobilienmakler oder das Schreiben der Rentenversicherung. Und viele mehr.
Wem nützt es? Nun, die Angst vor körperlichen Einschränkungen, die Planung und Absicherung der als unvermeidlich beschrieenen „nicht mehr auf den eigenen Beinen stehen zu können“ Lebensphase speist immerhin eine Milliardenindustrie in allen Facetten.
Wie geht es anders? Da gibt es zum Beispiel einen lieben Bekannten, der bis vor Jahren ein bekanntes Restaurant in Hannover geführt hat und inzwischen, im „Ruhestand“, in der französischen Provence eine Olivenplantage pflegt und Gäste zu Malkursen empfängt. Er hat mir vor langer Zeit seinen Trick verraten: Er visualisiert, dass er auch noch in vielen Jahren mit seinem Sohn auf der grünen Wiese Federball, pardon Badminton, spielen wird. Einen Rollator gibt es in diesem Bild nicht.