Medizin zum Selbermachen Rundbrief November 2020
Frage eines Lesers – Wundspüllösung mit Na-Hypochlorit?
Im Zusammenhang mit der vielseitigen Nutzung von Meerwasser, die ich regelmäßig empfehle, hat ein DMSO und Co online Academy Teilnehmer folgende Frage eingereicht:
Kann zur Herstellung von DMSO-Mischungen für Schleimhautanwendungen, wie zum Beispiel DMSO Augentropfen oder DMSO Nasentropfen, anstatt Meerwasser auch die Actimaris Wundspüllösung angewendet werden?
Zunächst einmal resultierte diese Frage aus der Not heraus, dass hier keine Bezugsquelle für „normales“ Meerwasser gefunden wurde. Dies lässt sich jedoch einfach auflösen, denn sterilfiltriertes Meerwasser gibt es bei www.alchemist.de in Flaschen und Kanistern.
Dennoch hat die Frage einen Impuls gebracht, denn die genannte Wundspüllösung ist zumindest ein interessantes, wenn auch gänzlich entbehrliches Produkt, weil es sich tatsächlich gar nicht um eine Mischung aus Meerwasser handelt. Der Name ist also eher Etikettenschwindel. Kommen wir zunächst zu dem guten Impuls, den die Frage mitgebracht hat:
Erstens erkennen wir hier, dass auch gestandene Pharmahersteller die Vorzüge der Anwendung von Meerwasser gegenüber der schnöden Kochsalzlösung kennen. Und zweitens gibt es eine Zulassung für eine Hypochlorit haltige Flüssigkeit für den offiziellen Apothekenverkauf – komisch, wo man doch das Calcium-Hypochlorit, welches Jim Humble als MMS2 vorschlug, aufs schärfste bekämpft hat … Natürlich handelt es sich bei dieser Wundspüllösung um eine Mischung mit sehr geringem Hypochlorit Gehalt, jedoch ist das Prinzip, diese Art von Oxidationsmittel therapeutisch anzuwenden schlüssig. Insofern ist es alleine schon medizinisch-wissenschaftlich gesehen legitim und zielführend, sich damit wertfrei und ohne Dogmatismus, der sich im Falle Jim Humble schon zum Vorwurf der Ketzerei ausgewachsen hatte, zu beschäftigen.
Entwirren wir also hier einmal die Zusammenhänge.
Es geht zunächst um die Frage welche Art von Wasser sich eignet, um Mittel für Schleimhautanwendungen, Wundbehandlungen, Spülungen, Injektionen und andere mehr zu mischen. Im einfachsten Fall wird hierzu in der Pharmazie die altbekannte isotonische Kochsalzlösung verwendet. Das funktioniert gut, weil der Salzgehalt darin, 0,9%, unserem Blutplasma angepasst ist. Es geht jedoch besser, denn im Meerwasser findet sich eine weitaus ausgewogenere und vor allem vielfältigere Mischung an sogenannten Mineralien und Spurenelementen, die sich gegenseitig harmonisieren. Im Vergleich zu der einseitigen Kochsalzlösung. Zur Hauptsache ist auch hier Natriumchlorid, also Kochsalz enthalten, jedoch kann Meerwasser ebenfalls mit einem guten Gehalt an Magnesium, Kalium und Calcium aufwarten, nebst unterschiedlichen anionischen Gegenionen. In sehr niedrigen Prozentzahlen finden sich dann noch viele weitere, im Sinn des Wortes, Spurenelemente. Diese werden von unserem Organismus selbstverständlich auch dringend benötigt (sonst wären sie im Meerwasser nicht enthalten und umgekehrt).
Soweit, so gut. Jedoch ist in dieser Wundspüllösung aus der Apotheke gar kein Meerwasser drin!? Die Zusammensetzung lautet: Meersalz, gereinigtes Wasser, Natriumhypochlorit. Das ist natürlich etwas völlig anderes!! Sogenanntes Meersalz ist ja unter bestimmten physikalischen Bedingungen auskristallisiert und die Tatsache, dass eine konzentrierte Restflüssigkeit zurück bleibt, die abgetrennt wird, zeigt uns selbstverständlich, dass in Meersalz keineswegs alle natürlichen Inhaltsstoffe des Meerwassers zu finden sind.
Meerwasser hat einen natürlichen Salzgehalt von ca. 3,2%. Um ungefähr in den isotonischen Bereich zu kommen, verdünne ich es einfach im Verhältnis 1:2 mit pharmazeutisch reinem Wasser. 3,2% dividiert durch 3 ist ca. 1%. Neben den Einzelkomponenten Meerwasser und Wasser Ph. Eur. gibt es bei www.alchemist.de auch das schon isotonisch eingestellte, sterilfiltrierte Meerwasser fertig zu beziehen.
Ich verwende isotonisches Meerwasser für viele DMSO und Co Mischungen. Beispiele: DMSO 3% für die Augen, Nasenspray mit Vitamin B12 und Procain, DMSO Ohren-/Nasentropfen mit 15% DMSO, DMSO Einlauf (z.B. 450 ml isotonisches Meerwasser plus 50 ml DMSO = 10%ige DMSO Mischung), Anwendung auf chronischen, schlecht heilenden Wunden zusammen mit Wasserstoffperoxid, u.v.a..
Und das Hypochlorit? Die Natrium-, Kalium- und Calcium-Salze der hypochlorigen Säure werden seit langer Zeit zur Desinfektion, Bleichung und Reinigung eingesetzt. Als „Eau de Labarraque“ wurden Natriumhypochlorit-Lösungen schon ab 1822 in Frankreich als Hausmittel von einem Apotheker verkauft. Auch die Bezeichnungen „Eau de Javelle“ oder „Dakin’s solution“ sind gebräuchlich, wobei es sehr unterschiedliche Konzentrationen gibt. Die Hypochlorite haben Vor- und Nachteile. Ein Nachteil ist die Hautalterung bei wiederholter Anwendung als Händedesinfektionsmittel oder Schwimmbadzusatz.
Doch auch unsere weißen Blutkörperchen, namentlich die neutrophilen Granulozyten, produzieren Hypochlorite für die Zerstörung von pathogenen Mikroorganismen wie Bakterien und Parasiten. Sie wirken als Oxidationsmittel und übertragen Sauerstoffatome oder erzeugen Sauerstoffmoleküle. Hierbei entsteht zunächst der sogenannte Singulett-Sauerstoff. Davon haben viele von euch sicher schon gehört und auch, dass man für die sog. Singulett-Sauerstoff-Therapie gaaaanz teure Gerätschaften kaufen kann. Nun, eine Natriumhypochlorit-Lösung kostet einige wenige Euros und man bekommt sie ganz einfach über das Internet oder die Apotheke.
Auch die Zahnärzte verwenden Natriumhypochlorit-Lösung mit Konzentrationen von 0,5 bis 3% zur Wurzelbehandlung, also zur Reinigung und Desinfektion.
Therapeutische Bäder mit ca. 0,005% Natriumhypochlorit-Lösung werden bei Neurodermitis sehr erfolgreich eingesetzt. Wie gesagt, es entsteht Singulett Sauerstoff beim Zerfall …
Zusammenfassung: Wundspüllösungen aus „echtem“ Meerwasser und mit Zusatz von Natriumhypochlorit kann man sich kostengünstig selbst herstellen. Geht es um Meerwasser als Verdünnungsflüssigkeit für DMSO, so wird natürlich gar kein Hypochlorit benötigt!