Medizin zum Selbermachen Rundbrief
Mai 2023

MS und andere Neurodegenerationen –
Theophyllin kann helfen

Es ist hocherfreulich und erstaunlich zugleich, wenn lange bekannte oder vergessene Mittel im Rahmen der universitären Forschung wieder „ausgegraben“ werden und in klinischen Studien ihre Potenz bei ganz anderen als den ursprüngliche vorgesehenen Indikationen oder Verwendungszwecken beweisen.

Ich bezeichne sie gerne als „Phönixe“ und Beispiele dafür kennen wir schon. Ambroxol – früher belächelter „Schleimlöser“, heute geschätztes Schmerzmittel (siehe DMSO-Ambroxol-Creme). Oder Procain – früher mäßig wirksames Lokalanästhetikum in der Zahnmedizin, heute weltweit geschätztes Neuraltherapeutikum. Oder Methylenblau, NBMI, Bengalrosa, Borax, Hämatoxylin, Organisches Germanium, Bernsteinsäure, u.a.. Es ist nicht so, dass man per se der universitären Forschung mehr Vertrauen entgegen bringen müsste, als der außeruniversitären Forschung oder der Erfahrungsmedizin. Doch mit Literaturzitaten aus anerkannten Fachzeitschriften macht es doch nach wie vor bei den meisten Menschen mehr Eindruck.

Noch schöner und spannender wird es, wenn es sich bei einem Phönix um pflanzliche Wirkstoffe handelt. Ein Paradebeispiel hierfür ist das Artemisinin, welches den einjährigen Beifuß im Jahr 2015 sogar zur „Nobelpreis-Pflanze“ gemacht hat.

Jetzt wird ein neues Kapitel mit einem altbekannten Pflanzenstoff aufgeschlagen: Theophyllin ist, wie der Name erahnen lässt, in Tee enthalten und biochemisch gesehen ein Geschwister des Coffeins. So wie die Galactose ein Geschwister der Glucose (Traubenzucker) ist, zum Beispiel.

Theophyllin hat eine ruhmreiche Vergangenheit. Jahrzehntelang war es ein „Leitlinienmittel“ bei der Behandlung von obstruktiven Lungenerkrankungen und wurde etwa unter den Markennamen Euphyllin, Aerobin oder Solosin weltweit eingesetzt. Es ist hier, das darf betont werden, nach wie vor ein sehr sinnvolles Mittel, da man „mehr Luft bekommt“ (siehe auch Abschnitt zu N-Chlortaurin). Das Theophyllin war deshalb auch viele Jahre ein beliebtes Doping-Mittel, bis es auf die Liste gesetzt wurde.

Doch nun sind Forschende der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der schweizerischen Université de Fribourg auf eine verwegene Idee gekommen. Sie konnten in Studien zeigen, dass Theophyllin zur Regeneration der Myelinhüllen an den Nervenfasern beiträgt. Das ist ein Donnerschlag. Das simple Theophyllin als Mittel für MS Betroffene und weitere neurodegenerative Symptome!?!

Die Wissenschaftler um die Neurobiologin Prof. Dr. Claire Jacob berichteten über Ihre Ergebnisse schon 2020 in Nature Communications unter dem Titel „EEF1A1 deacetylation enables transcriptional activation of remyelination“. Da uns diese Überschrift erstmal wenig sagt, außer dass es um die Ermöglichung von Remyelinisierung geht, hier die wichtigsten Punkte zu ihren Erkenntnissen ganz kurz:

  • Theophyllin aktiviert Histon-Deacetylase und ermöglicht dadurch Wiederaufbau der Myelinscheide
  • Die notwendige Dosierung liegt deutlich niedriger, als diejenige zur Behandlung von Lungenobstruktionen (dadurch keine Nebenwirkungen)
  • Theophyllin fördert den Myelinaufbau sowohl im peripheren als auch im zentralen Nervensystem

Damit wir jetzt nicht abheben, hier noch der allzu oft an hoffnungsvolle Veröffentlichungen im Bereich integrative Medizin angehängte Satz: „Die Finanzierung für entsprechende klinische Studien an Patienten wird noch gesucht … .“

Mit anderen Worten – bis zu einer offiziell genehmigten Arzneimittelzulassung können, wenn überhaupt, viele Jahre vergehen! Und wer eigentlich soll die Summen aufbringen um eine natürliche, einfache Substanz zur Zulassung zu führen, wenn der Markt für neurodegenerative Erkrankungen so lukrativ ist …? Darauf wollen wir natürlich nicht warten.

Da das Theophyllin wie erläutert anderweitig seit Jahrzehnten umfassend erforscht und seine sichere Dosierung und möglichen (reversiblen) Nebenwirkungen gut bekannt sind, können wir es einfach nutzen, so wie wir auch DMSO und sonstige Co. schon bestens nutzen.

Im pharmazeutischen Handel findet es sich in Form von Tabletten, Kapseln, Ampullen, wobei man für diese Fertigarzneimittel meines Wissens ein ärztliches Rezept benötigt. Ich selbst nutze die reine pulvrige Mischung mit Xylit, da die erforderlichen wirksamen Mengen von Theophyllin derart klein sind, dass die üblichen Schmuckwaagen nicht mehr sicher genug anzeigen. Mit der Xylit/Theophyllin Mischung kann man jedoch sehr fein abstimmen, denn je 1 Gramm der Mischung enthält 25 mg Theophyllin und ein Gramm lässt sich sehr sicher abwiegen.

Im Bereich Asthma, COPD, etc. sind Theophyllin Dosierungen von ca. 100 bis 300 mg täglich üblich.

Für die Remyelinisierungswirkung wurden von Frau Claire Jacob und Team niedrigere Dosierungen gefunden. Ich beginne deshalb mit 50 mg Theophyllin (entsprechend 2 Gramm der Xylit/Theophyllin Mischung) in Wasser, einmal am Tag. Dann kann gesteigert werden nach Empfinden.

Theophyllin hat ein paar Eigenheiten, die ich zur Beachtung stelle. Erstens schmeckt es extrem bitter, weshalb die Mischung mit Xylit eine sinnvolle Sache ist. Zweitens wirkt sich Theophyllin teilweise noch stärker auf Herz-Kreislauf aus, als wir dies von Coffein gewohnt sind. Deshalb würde ich stets die erste Anwendung auf den Vormittag legen. Mit der Zeit tritt wie beim Coffein auch eine gewisse Gewöhnung ein und dann kann man zum Beispiel auch nachmittags ein zweites Mal anwenden.

Xylit fördert unter anderem auch die Butyratbildner im Darm und auch dies ist für Symptome im Bereich Neurodegeneration bekanntermaßen eine gute Sache. So wird zum Beispiel das Phenylbutyrat auch zur Behandlung von ALS, spinaler Muskelatrophie bis hin zu Hirntumoren eingesetzt.

Parallel empfehle ich die Anwendung von Galactose als „Nervenzucker“, worüber schon viel geschrieben wurde. Hier genügen oft 2 x ein leicht gehäufter Teelöffel pro Tag.

Abschließend hier ein Zitat aus der erwähnten Veröffentlichung:

„Theophyllin erscheint als ein sehr vielversprechendes Präparat, um es in künftigen translationalen Studien zu testen, damit die Remyelinisierung nach einer traumatischen Verletzung oder im Zusammenhang mit Demyelinisierungserkrankungen beschleunigt und gefördert wird”

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