Medizin zum Selbermachen Rundbrief
Dezember 2022
Hyaluronsäure –
Schönheit und noch viel mehr!
Glucosaminoglycane, so die etwas umständliche biochemische Bezeichnung für natürlich vorkommende und verschieden große Kettenmoleküle, die allgemein als Hyaluronsäure zusammengefasst werden, die sich durch besondere physikalische, mechanische und biologische Eigenschaften auszeichnen und vor allem im Bereich von Kosmetik und Anti-Aging bekannt geworden sind. Jedoch ist auch die Anwendung als „Gelenkschmiere“ oder als „Tränenersatz“ oder zur Wundheilungsförderung geläufig. Wenig bekannt ist bisher der Einsatz der hochmolekularen Hyaluronsäure zur Behandlung verschiedener Lungenerkrankungen und auch zur Lungenpflege, wovon hier ausführlich berichtet werden soll.
Auch die regenerierende Wirkung der HA auf Nervenzell-Hüllen und -Fortsätzen ist weniger präsent, weshalb sie etwa bei der integrativen Behandlung der Multiplen Sklerose, zusammen mit Galactose und Theophyllin, eine interessante Option ist. Darüber mehr in einem der nächsten Rundbriefe.
Hier zunächst einmal einige praktische Wissensbausteine zum Einsatz von Hyaluronsäure. Es gibt sie nämlich in Form der jeweiligen Natriumsalze in verschiedenen Molekulargrößen im Handel, wobei das niedermolekulare Hyaluronat logischerweise leichter in Gewebe eindringen bzw. diffundieren kann, als das hochmolekulare, und jenes wiederum eine höhere Verweilzeit hat. Man kann also bei Eigenmischungen sehr schön mit diesen beiden Varianten spielen und individuelle Rezepturen erstellen, vom einfachen Gel bis hin zu Injektionslösungen für subcutane Faltenbehandlung oder Gelenkunterstützung.
Um es zu veranschaulichen: Beim niedermolekularen Hyaluronsäure-Natriumsalz handelt es sich um Molekülmassen von ca. 8 bis 50 Kilodalton (kDa), bezogen auf die Reinsubstanz, wie sie bei www.alchemist.de erhältlich ist.
Was bedeutet das? Dalton (auch oft als u bezeichnet) ist die atomare Masseneinheit, wobei das Element Kohlenstoff auf 12 Dalton festgelegt wurde, d.h. ein Mol Kohlenstoff hat die Masse 12 Gramm. 5 bis 50 Kilodalton, hier bei der niedermolekularen Hyaluronsäure, zeigen also an, dass 1 Mol dieser Substanz maximal 50.000 Gramm wiegen würden, also 50 Kilogramm! Sehr lange Molekülketten also, mit bis zu 130 Einzeleinheiten.
Das Prinzip der natürlichen Kettenmoleküle kennen wir vielfältig aus dem Alltag, zum Beispiel bei der Stärke, der Cellulose oder auch den Poly-Aminosäuren, die wir Proteine nennen, und die unsere Haare bilden oder Seide.
Die hochmolekulare Variante des Hyaluronsäure-Natriumsalzes wird mit 800 bis 1500 kDa beziffert. Hier finden sich also Molekülketten mit bis zu 1,5 Millionen Gramm pro Mol und bis zu beinahe 4000 Kettengliedern.
Die Hyaluronsäure ist sehr sparsam im Gebrauch, da sie ein riesiges Wasserbindungsvermögen hat – bis zum 50fachen ihres Eigengewichts! Für kosmetische, äußerlich anzuwendende Zubereitungen benötigt man lediglich wenige Prozent der Gesamtmischung. In den erhältlichen Fertigspritzen zur i.a. Injektion sind üblicherweise 1%ige Hyaluronsäure Lösungen enthalten. Bei Preisen bis zu ca. 50 Euro pro Ampulle lohnt sich die Eigenherstellung mit Hilfe von sterilen Spritzenfiltern, Stückpreis zwischen 2 und 4 Euro, außerordentlich. Sie hat zudem den Vorteil, dass man das Lösemittel frei wählen, bzw. gestalten kann, zum Beispiel auch mit DMSO oder Eigenurin oder isotonischem Meerwasser. Auf diese Weise können Falten oder Narben oder verletzte Haut noch deutlich effektiver behandelt werden. Dazu in einem weiteren Rundbrief mehr.
Wir sehen also, dass dieses weiße Pülverchen so einige Anwendungsmöglichkeiten bietet. Die niedermolekulare Version dringt leichter in die Haut/das Gewebe ein, die hochmolekulare hat eine längere Verweilzeit und zeigt darüber hinaus zusätzlich antientzündliche Eigenschaften – eine synergistisch zu DMSO wirkende Kombination.
Doch es geht noch weiter: Hochmolekulare Hyaluronsäure kann inhalativ zur Behandlung von Asthma und COPD, also chronischer Bronchitis eingesetzt werden, wie z.B. ein Beitrag der Autoren Allegra, Patrona und Petrigni von der Universität Mailand zeigt. Hier das übersetzte Abstract: „Hyaluronsäure (HA) ist ein nicht sulfatiertes Glykosaminoglykan. Es ist ein natürliches Polymer, das durch eine gewundene lineare Kette in besonders gut hydratisierter Konfiguration gekennzeichnet ist, die aus sich wiederholenden Disaccarid-Einheiten besteht. Bei Säugetieren kann sein Molekulargewicht extrem variieren und von 20 bis 4.000 kDa reichen. Hochmolekulare Formen sind mit entzündungshemmenden Eigenschaften ausgestattet. Ein einzigartiges Merkmal von HA ist die Hydratation (bis zu 6.000 Moleküle Wasser/Molekül HA) mit einer wichtigen Rolle bei der Regulierung des Flüssigkeitshaushalts im Interstitium, einer grundlegenden Aktivität auf die amorphe kolloidale Matrix, die Bindegewebszellen und -fasern verklebt, und vielen anderen biologischen Funktionen wie Schmierung, Transport gelöster Stoffe und mikrozirkulatorischer Austausch. HA wurde weit verbreitet bei der Behandlung von Augen-, Ohren-, Gelenk- und Hauterkrankungen eingesetzt; In den letzten 15 Jahren wurde HA auch erfolgreich bei der Behandlung einer Reihe von Lungenerkrankungen in vitro, bei Versuchstieren und Menschen vorgeschlagen. Insbesondere hat sich gezeigt, dass inhaliertes HA mit relativ hohem Molekulargewicht eine bei Asthmatikern durch direkte und indirekte Herausforderungen wie Inhalation von Methacholin, Inhalation von mit Ultraschall zerstäubtem destilliertem Wasser, Muskelübungen induzierte Bronchokonstriktion verhindert. In jüngerer Zeit haben wir bei Patienten mit chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen gezeigt, dass wiederholte Verabreichungen von inhaliertem HA (täglich, über 8 Wochen) eine signifikante Zunahme der bronchialen Durchgängigkeit sowie eine fortschreitende Lungenentleerung mit Abnahme des Residualvolumens induzieren. Zusammenfassend gibt es Hinweise, die uns mutmaßen lassen, dass es vielleicht an der Zeit ist, den Fokus auf Bindegewebe und extrazelluläre Matrixsubstanzen wie HA zu verlagern, um chronische Lungenerkrankungen zu verhindern und zu behandeln.“
Autoren aus Spanien dehnen den Anwendungsbereich sogar noch auf die Lungenfibrose aus, wie die Arbeit von Carro und Martinez-Garcia von den Universitäten Madrid und Valencia zeigen, die 2020 veröffentlicht wurde: „Hyaluronsäure (HA) ist eine Schlüsselkomponente der extrazellulären Matrix der Lunge. Ein einzigartiges Merkmal von HA sind seine wasserspeichernden Eigenschaften, sodass HA eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Flüssigkeitshaushalts im Lungeninterstitium spielt. Hyaluronsäure wird häufig zur Behandlung von Augen-, Ohren-, Gelenk- und Hauterkrankungen eingesetzt, aber in den letzten Jahren wurde sie aufgrund ihrer entzündungshemmenden Wirkung und ihres Wassergehalts auch zur Behandlung bestimmter Lungenerkrankungen, einschließlich Atemwegserkrankungen, vorgeschlagen. Hyaluronsäure-Aerosol verringert die Schwere eines Elastase-induzierten Emphysems in Mausmodellen, verhindert eine Bronchokonstriktion bei Asthmatikern und verbessert einige funktionelle Parameter bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Aufgrund des Schutzes von HA gegen Bronchokonstriktion und seiner Hydratationseigenschaften würde inhaliertes HA das Volumen der Atemwegsoberflächenflüssigkeit erhöhen, was zu Schleimhydratation, erhöhtem Schleimtransport und weniger Schleimverstopfung der Atemwege führen würde. Darüber hinaus wurde in Studien am Menschen festgestellt, dass die Behandlung mit zerstäubter HA die Verträglichkeit von zerstäubter hypertoner Kochsalzlösung (selbst bei 6% oder 7% der Konzentration) verbessert, was sich als wirksame Behandlung bei der Behandlung von Bronchialsekreten bei Patienten mit Mukoviszidose und Bronchiektasen erwiesen hat. Unser Ziel ist es, die Rolle der HA-Behandlung bei der Behandlung chronischer Atemwegserkrankungen zu verifizieren.“
Praktisches Vorgehen: Da die Hyaluronsäure in wässriger Lösung die Viskosität der Mischung verändert/erhöht ist ein übliches Vernebeln, wie zum Beispiel der 1%igen DMSO Lösung zu Inhalationszwecken, ungeeignet. Vielmehr wird das feine Hyaluronsäure Pulver als solches mit einem geeigneten Pulverinhalator zerstäubt und eingeatmet oder geschnupft. Da HA eine körpereigene Substanz ist, sind Staub Irrläufer an Nasenschleimhaut oder Stimmbändern völlig unerheblich. Oder anders ausgedrückt: Auch trockene Nasenschleimhaut, lässt sich auf diese Weise behandeln. Vielleicht ist unter den Lesern ein fachkundiger Pharmazeut, der einen der vielen im Handel erhältlichen Pulverinhalatoren zur freien Beladung empfehlen kann. Ich selbst benutze für solche Zwecke eine dieser leeren 1500 ml Dosen mit blauem Deckel, zum Beispiel von Galactose oder MSM oder Kieselgur. Dahinein gebe ich eine Prise des Hyaluronsäurepulvers hochmolekular, schüttle sie mit verschlossenem Deckel kopfüber, drehe sie wieder um, öffne schnell den Deckel und atme den Staub durch den Mund ein.
Fazit: Der Naturstoff Hyaluronsäure ist weit mehr als ein Hautpflegemittel für den kosmetischen Bereich. Sie darf in unseren Gesundheitswerkzeugkasten integriert werden und als DMSO & Co. ihre besondere Wirksamkeit und breit gefächerte Anwendungsmöglichkeiten einbringen.